Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg

Glaubenssache

Anette Heinze, Ehrenamtliche der St.-Nikolaus-Gemeinde. Foto: privat
Anette Heinze, Ehrenamtliche der St.-Nikolaus-Gemeinde. Foto: privat

Max ist acht Jahre alt. Er möchte sich etwas für 6,50 € kaufen. Verdienen kann er noch nichts. Da fällt ihm etwas ein: Er schreibt seiner Mutter eine Rechnung: Für das Anziehen der kleinen Schwester 1,50 €, für das Aufpassen 2,00 €, fürs Einkaufen 3,00 €. Macht zusammen 6,50 €. Vor dem Mittagessen legt er diese Rechnung heimlich unter den Teller seiner Mutter.

Sie findet den Zettel und schaut Max an. Sie sagt kein Wort und legt den Zettel zur Seite. Max weiß gar nicht, was er davon halten soll. Am Abend liegen unter seinem Teller zwei kleine Briefe. In dem ersten Brief sind 6,50 €. In dem anderen Brief liegt ein Zettel mit der Rechnung seiner Mutter: Für Essen und Trinken: 0,00 €. fürs Waschen, Bügeln und das Aufräumen seiner Sachen 0,00 €, für die Pflege bei Krankheit 0,00 €, fürs Liebhaben 0,00 €. Macht zusammen: 0,00 €. Als Max das liest, wird er sehr nachdenklich und gibt seiner Mutter das Geld zurück.

Diese kleine Geschichte kann verdeutlichen, worum es in dem Gleichnis „von den Arbeitern im Weinberg“ (Mt 20,1-16), welches wir am Wochenende im Gottesdienst hören, geht. Max rechnet wie die Arbeiter, die am Ende eines langen Arbeitstages vor dem Verwalter des Weinberges stehen und auf die Auszahlung ihres Lohns warten. Max möchte, dass seine Arbeit gerecht bewertet wird und versucht den Wert seiner Arbeit selbst abzuschätzen.

Auch die Arbeiter im Weinberg haben gearbeitet, um einen gerechten Lohn zu erhalten. Sie, haben den ganzen Tag gearbeitet und wissen, was vereinbart wurde. Sie haben gearbeitet mit der Überzeugung, dass ihr versprochener Lohn nach den damaligen Maßstäben für einen Tag Lebensunterhalt reichen müsste. Die anderen Arbeiter werden darauf hoffen, wenigstens genug für eine Mahlzeit zu bekommen.
Und dann kommt die Lohnauszahlung: allerdings sowohl in dem Gleichnis als auch in der Geschichte von Max und seiner Mutter, mit einer überraschenden Wendung.

Die Mutter zählt ihre Leistungen genauso wie Max auf, kommt aber in der Summe zu einem ganz anderen Ergebnis. Denn sie liebt Paul und deshalb rechnet sie nicht auf. Sie verschenkt das, was sie hat. Auch der Weinbergbesitzer entlohnt nicht nach Leistung. Sondern er gibt jedem so viel, wie er es für richtig hält. Er beschenkt einige der Arbeiter, damit auch sie genug haben, um durch den nächsten Tag zu kommen. Ihm ist es wichtig, dass es allen gut geht.

Das Gleichnis möchte deutlich machen, wie Liebe und Gerechtigkeit zusammenhängen, dass es bei Gott andere Maßstäbe gibt als bei uns. Gott geht noch weiter. Er rechnet seine Liebe nicht auf. Er will, dass es allen Menschen gut geht. Dass alle sich am Leben erfreuen können. Damit durchbricht Gott alle Erwartungen. Weil er für seine Liebe zu uns Menschen keine Leistung fordert. Wir dürfen uns einfach über Gottes Liebe freuen.

Anette Heinze
Ehrenamtliche Mitarbeiterin der St. Nikolaus Gemeinde Burgdorf

„Glaubenssache - Beiträge und Texte aus Kirche und Religion“

Die Kolumne erscheint jeweils samstags im Marktspiegel für Burgdorf und Uetze, sowie im Marktspiegel für Lehrte und Sehnde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kirchen und Religionsgemeinschaften schreiben Beiträge aus ihren Einrichtungen und Arbeitsfeldern, von ihren Erfahrungen und zu dem, was sie zeitaktuell gerade beschäftigt.

Zurück