Komm, setz‘ dich

Glaubenssache

Pastorin Christine Behler. Foto: Stefan Heinze
Pastorin Christine Behler. Foto: Stefan Heinze

Er stand in der Ecke unserer Küche. Nicht besonders groß. Gerade genug Platz für vier Familienmitglieder. Die Tischplatte aus Resopal, gut abzuwischen. An der Wand über der Eckbank der bunte Kalender von der Tankstelle, als Geschenk für treue Kunden. Monat für Monat Landschaftsbilder, die durch das Jahr führten. Die Feiertage rot markiert. Es ist meine frühste Erinnerung an einen Tisch. Da baumelten meine Beine noch in der Luft.

Wer zu Besuch kam, setzte sich am liebsten hierher. Wir rückten zusammen. War noch was Warmes auf dem Herd, wurde es dem Gast serviert. Oder meine Mutter schmierte schnell ein Mettwurstbrot für den Hunger zwischendurch.

Später konnten wir uns einen größeren Tisch aus Eichenholz leisten. Er war zum Ausziehen und viele Gäste haben sich auch daran wohl gefühlt. Hier wurde diskutiert, gestritten, hin und wieder geweint, gelacht, politisiert. Es kam auch vor, dass jemand wutschnaubend den Tisch verließ. Wenn der Streit aus der Welt war, saßen wieder alle am Tisch.

„Wenn die sich doch endlich mal einen Tisch setzen würden!“ So wünschen sich das Menschen, wenn in der Politik Kriegsführung alle Grausamkeiten der Menschheit zu Tage fördert und Gräben die Erde zerreißen. Es gibt sie, die Friedenshungrigen, die Sehnsüchtigen, die sich solche Tische ausmalen. Auch jetzt.

Wer an einem Tisch sitzt, zusammen isst und trinkt und nach Abgründen aushält und ringt, hat die Chance, sich näherzukommen, verständlich zu machen. Von Mensch zu Mensch. Das Ziel: befriedete Grenzen. Ein gerechtes Leben für alle.

An so einen Tisch glaube ich. Er wurde mir schon früh verheißen.

Christine Behler
Pastorin zur Mitarbeit im Kirchenkreis Burgdorf



„Glaubenssache - Beiträge und Texte aus Kirche und Religion“

Die Kolumne erscheint jeweils samstags im Marktspiegel für Burgdorf und Uetze, sowie im Marktspiegel für Lehrte und Sehnde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kirchen und Religionsgemeinschaften schreiben Beiträge aus ihren Einrichtungen und Arbeitsfeldern, von ihren Erfahrungen und zu dem, was sie zeitaktuell gerade beschäftigt.

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