Wie geht es Ihnen
Glaubenssache

Mein Gegenüber schaut mich an „Heute? Beschissen.“ Von draußen quillt der Sommer durch die geöffneten Fenster. Drinnen ist es abgedunkelt und fast ein wenig stickig. Nach einem ersten kurzen Schreck stelle ich fest: Es ist gut, dass der Mensch vor mir sich so offen äußert. Denn menschliches Leben bewegt sich nicht nur im Bereich des rosig Schönen. Es hat auch Ecken und Kanten. Die dürfen sein und die darf man auch sehen. Wir kannten uns bisher nicht. Aber die Ehrlichkeit baut eine Brücke. Wir kommen ins Gespräch. Lachen zusammen. Weinen. Sinnieren.
Vier Wochen und mehrere Einzeltage Seelsorge-Fortbildung leistet sich die Landeskirche für die Pastor:innen in Ausbildung. Seelsorge sieht jedes Mal ein wenig anders aus. Je nach dem, wer sich da begegnet, verläuft die Sorge um die Seele nach ganz eigenen Tanzschritten. Deswegen strengt es manchmal an, sich so zu begegnen. Ein Mensch lässt sich auf einen anderen Menschen ein, folgt ihm oder ihr bildlich gesprochen beim Tanzen, ohne die Schritte zu kennen.
Und dann? Erscheint manchmal ein Lächeln. Ab und zu ein „Danke, dass Sie da waren.“ Wenn was Größeres war, sogar ein „das tut gerade richtig gut, das mal loszuwerden.“ Vielleicht ist für Sie heute so ein Tag, mal zum Telefon zu greifen. Einen Menschen anzurufen, den Sie schon lange nicht mehr gesprochen haben. „Wie geht’s dir? Erzähl mal. Ich hab gerade an dich gedacht.“
Oder Sie wollen selbst einen Besuch zu Hause. Geben Sie Ihrer Kirchengemeinde Bescheid. Wir kommen gern vorbei.
Daniel Lechler
Vikar in der St.-Pankratius-Kirchengemeinde, Burgdorf
„Glaubenssache - Beiträge und Texte aus Kirche und Religion“
Die Kolumne erscheint jeweils sonnabends im Marktspiegel für Burgdorf und Uetze, sowie im Marktspiegel für Lehrte und Sehnde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kirchen schreiben Beiträge aus ihren Kirchengemeinden, Einrichtungen und Arbeitsfeldern, von ihren Erfahrungen und zu dem, was sie gerade beschäftigt.